Wie wir der Natur eine Stimme geben und Nachhaltigkeit ernst nehmen
Alle reden vom Klima – und meinen Energie. Wir verengen unseren Blick zunehmend, wenn es um die ökologische Seite der Nachhaltigkeit geht. Tom Veltmann versucht in seinem Buch „Das Schöne bewahren“, diesen Blick wieder zu weiten.
Begonnen wird bei der Energie. Veltmann stellt fest: „Nicht nur Energieträger, sondern jedes Produkt, jeder Gegenstand und alle Objekte, die Menschen herstellen, verursachen unterschiedlich starke Klima- und Naturschäden. Alle Produkte (alle menschengemachten Gegenstände) bestehen aus Naturmaterialien, die häufig mit Kollateralschäden in der Natur gefördert werden, in ihren Herstellungs- und Logistikprozessen wie auch in der Zeit ihrer Nutzung weitere Emissionen produzieren und am Ende ihrer häufig immer kürzeren Nutzungszeit weltweit immer noch viel zu häufig verbrannt werden oder als Abfälle in die Natur gelangen.“
Weiter zum Klima. Auch hier wird der Blick enger, indem die Menschen sich anscheinend damit abgefunden haben, dass es nur noch um die Abwehr der Schäden geht: „Vor ca. zehn Jahren veränderte sich – von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt – das Vokabular zum Thema Klima- und Erderwärmung. Bis dahin sprach man von »Klimaschutz«, das heißt, die Temperaturerhöhung sollte verhindert werden. Dann wurde schleichend von vielen Regierungen ein neuer Begriff eingeführt: »Klimafolgenbekämpfung«. Damit wurde die Klima- und Erderwärmung stillschweigend und von vielen unbemerkt akzeptiert. Der Begriff wurde normalisiert. Man konzentriert sich nunmehr auf den Umgang mit den scheinbar akzeptierten Klimafolgen – auf den Bau von Deichen, Staumauern, Flussauen, auf Flüchtlingshilfen, Subventionen für Landwirtschafts- und Forstschäden, Flutkatastrophenhilfen, Hitzeschutzmaßnahmen etc.
Und schließlich Nachhaltigkeit. Veltmann bemängelt, dass tatsächlich nur der ökonomische und der soziale Aspekt wirklich zum Zug kommen und die Natur nicht mit am Verhandlungstisch sitzt: „Der Begriff der »Nachhaltigkeit«, also des ökonomischen, sozialen und ökologischen Interessenausgleichs, löst weder die Probleme der katastrophalen Erderwärmung noch des wachsenden Flächenverbrauchs, des Artensterbens oder der Atommülllagerung für Millionen Jahre, denn das Nachhaltigkeitsprinzip hat in unserem Rechtssystem keine ausreichende ökologische Steuerungswirkung. Es beschränkt Entscheidungsfindungen bei unseren bisherigen grundgesetzlich konventionell geregelten Interessenkonflikten auf die Rechte des »Sozialen« und des »Wirtschaftens«, ohne »die Natur mit an den Verhandlungstisch zu lassen«.“
Deshalb fordert Veltmann am Ende seines Buches, die Natur innerhalb unseres Rechtssystems mit substanziellen Rechten auszustatten. „Damit würde die Natur dieselben Grundrechte erhalten wie ein Kapitalzusammenschluss, eine Aktiengesellschaft oder ein Verein…“
Sein Buch ist jedoch weder eine juristische noch eine akademische Abhandlung zur Nachhaltigkeit. Faszinierend ist es, wo der Autor uns z.B. die Mächtigkeit und Schönheit der Pilzgeflechte vor Augen führt, die den Boden ebenso wie die Körper toter und lebender Pflanzen, Tiere, Menschen und Sedimente durchziehen und einen riesigen Organismus bilden, der buchstäblich die Welt zusammenhält. Und uns vorrechnet, dass Pilze „das neue, bessere Plastik“ werden könnten. Oder der Boden zum Klimaretter: „Würde der Humusgehalt der landwirtschaftlich genutzten Flächen Deutschlands um nur 1 Prozent erhöht, würden der Atmosphäre 920 Millionen Tonnen CO₂ entzogen. Das entspricht dem jährlichen CO₂-Ausstoß Deutschlands“.
Datum: Donnerstag. der 18. April 2024 von 19:00 bis ca. 21:00 Uhr
Kosten: keine
Ort:
- stratum lounge, Boxhagener Straße 16, 10245 Berlin
- Live
Teilnahme: Eine Anmeldung ist zur Teilnahme in Präsenz sowie online hier erforderlich.
Veranstalter: stratum consult GmbH